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Soziale Netzwerke spielen heutzutage eine immer größere Rolle im Leben vieler
Menschen, die Nutzerzahlen steigen täglich. Auch die Polizei nutzt soziale
Netzwerke, insbesondere Facebook und Twitter, zunehmend für ihre eigenen
Ermittlungen, da sich über diese eine breite Öffentlichkeit schnell erreichen lässt.
Parallel dazu kam es in den vergangenen Jahren vermehrt zu Aufrufen in sozialen
Netzwerken, die zur Lynchjustiz gegen (vermeintliche) Straftäter aufforderten. In
dieser Arbeit wird untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen den beiden
Phänomenen gibt und worin dieser gegebenenfalls besteht.
Dazu werden zunächst Begrifflichkeiten und die rechtlichen Grundlagen von
Lynchjustiz geklärt. Anschließend wird dargelegt, wie die Polizei soziale Netzwerke
derzeit für ihre Ermittlungsarbeit nutzt. Dabei werden die Vor- und Nachteile
derartiger Fahndungsmethoden aufgezeigt. Des Weiteren wird die Entstehung von
Gruppendynamik in sozialen Netzwerken erklärt, wodurch sich in manchen Fällen
ein Mob formieren kann, der später zum Ausgangspunkt eines Lynchaufrufes wird.
Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Betrachtung des theoretischen Modells der
drei Handlungskomponenten von Social-Web-Praktiken nach Jan Schmidt, das in
seinen einzelnen Aspekten auf die Entstehung von Lynchaufrufen im Netz
angewendet wird. Die Anwendung zeigt, dass soziale Netzwerke psychologisch und
strukturell günstige Voraussetzungen für die Entstehung eines Lynchaufrufes
aufweisen. Durch emotionale Distanz und gefühlte Anonymität, welche in sozialen
Netzwerken leicht entstehen, sinkt zusätzlich die Hemmschwelle des Einzelnen, sich
an einem Aufruf zur Lynchjustiz zu beteiligen. Der Rolle der Polizei im
Entstehungsprozess von Lynchaufrufen bleibt unklar. Es gibt jedoch Hinweise
darauf, dass sie mit ihrer Aktivität in sozialen Netzwerken einen indirekten Impuls
gibt sowie den Nutzern eine Art Legitimation für die Aufrufe zur Lynchjustiz
vermittelt. Anhand der gewonnenen Erkenntnisse wird deutlich, dass sich das
Verständnis des geltenden Rechtsprinzips in der Gesellschaft verschiebt. Die
zunehmenden Aufrufe zur Lynchjustiz sind eine Folge davon.
Die Ergebnisse dieser Arbeit werden schrittweise anhand von zwei exemplarischen
Fallbeispielen belegt: die Tätersuche der Polizei in Emden im Mordfall Lena (2012)
und der FBI-Fahndung nach den Attentätern vom Boston-Marathon (2013).
Abschließend wird kurz Ausblick darauf genommen, welche Gefahren sich aus den
aufgezeigten Aspekten für den Rechtsstaat ergeben und was eventuell getan
werden könnte, um diese einzudämmen.